18 Monate Stromablesen bei 19 Familien mit insgesamt 88 Personen, hat es sich gelohnt unser Projekt? Was kam dabei heraus? Dazu haben wir einen ausführlichen Bericht geschrieben und unser Projekt am 22.10. im Rutesheimer Rathaus unserer Bürgermeisterin und Vertretern der Stadtverwaltung vorgestellt. Hier geht es zu unserem Bericht:
Projektbericht Energieeffizienz
„Flüchtlinge verbrauchen zu viel Strom“ diese Aussage ist uns in den sechs Jahren unserer Tätigkeit nicht nur einmal entgegengehalten worden. Abgesehen von der problematischen Formulierung, stimmt denn der Inhalt? Und wenn dem so ist, warum und wo liegen die Probleme und Ursachen und wie kann einem hohen Stromverbrauch nachhaltig entgegengewirkt werden?
Projektidee:
Um zu erfahren, wie professionelle Energieberater Problemsituationen angehen, nahmen wir einen Termin bei Solites wahr, einem Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme in Stuttgart. Dort riet man uns das Projekt in drei Schritte zu gliedern:
- Erfassung der Zählerstände über einen gewissen Zeitraum. Dokumentation und Angabe der Rahmenfaktoren wie Anzahl der Familienmitglieder, mit / ohne elektrischer Warmwasserbereitung, Art der Heizung, Gebäudeklassifizierung
- Thematisierung der Erkenntnisse gemeinsam mit Stadtverwaltung und Gemeinderat
- Empfehlung von Folgemaßnahmen
Durchführung:
Von Mai 2019 bis heute wurden in Wohnungen, zu welchen wir Zugang hatten und deren Bewohner sich mit der Erfassung ihrer Stromverbrauchsdaten einverstanden erklärten, Stromzähler abgelesen und die Stände monatlich erfasst.
Insgesamt handelt es sich um 17 Familien, zusammengerechnet um insgesamt 88 Personen. Betreffende Wohnungen sind sowohl von Seiten der Stadt als Unterkünfte verwaltete Häuser und Wohnungen, wie auch privat angemietete Wohnungen.
Durch Umzug, Wegzug oder durch einen Zwischeneinstieg in die Erhebung erstrecken sich die Daten für die einzelnen Verbraucher nicht immer über den ganzen Erhebungszeitraum.
Im November 2019 wurde eine erste Auswertung vorgenommen. Der Zeitraum von Mai bis September 2019 ist repräsentativ für eine Verbrauchphase ohne elektrische Heizenergie. Im Oktober 2020 wurde die Erfassung der Verbrauchsdaten beendet, da das vorliegende Material aus unserer Sicht eindeutig ist und sich die Erkenntnisse durch eine Fortführung der Messperiode nicht verbessern.
Auswertung:
Zur Beurteilung der Verbrauchswerte wurde die Systematik des Stromspiegel für Deutschland benutzt, welcher auch von der Energieberatung der Verbraucher-schutzzentrale genutzt wird. Hier wird kategorisiert nach
- Haushaltsgröße (Personenzahl),
- nach der Art der Warmwasserbereitung (mit / ohne Strom)
- und Einfamilienhaus oder Wohnung im Mehrfamilienhaus.
Erkenntnisse:
- Die Höhe des Stromverbrauchs der Teilnehmer ist vergleichbar mit dem der sonstigen Bevölkerung. Bei den meisten liegt er im Durchschnitt bis leicht darunter.
- Einzelne Familien haben sehr gute Werte und einzelne schlechte.
- Keine der Familien, die in privat angemieteten Wohnungen leben, weisen erhöhten Stromverbrauch auf.
- Familien, in Wohnungen mit moderner Gebäudetechnik, haben bis auf eine Ausnahme durchschnittliche bis geringe Verbräuche.
Maßnahmen:
- Auf Vorschlag von Bürgermeisterin Susanne Widmaier sollen nicht Hochverbraucher bestraft, sondern Sparer belohnt werden. Dies halten wir für eine gute und wirkungsvolle Idee.
- Bereits bei der ersten Erhebung zum November 2019 zeigte sich, wo überdurchschnittlich viel elektrische Energie verbraucht wird. Da neben dem Nutzerverhalten verschiedene andere Faktoren auf die Höhe des Verbrauchs einwirken, war es für uns angesagt, zur weiteren Analyse einen Experten einzubinden. Der Kontakt zu Peter Strauss, Energieberater, erwies sich als äußerst hilfreich. Herr Strauss, der für die Energieberatung der Verbraucherschutzzentrale bei Bedarf Detailchecks durchführt, war direkt zur Zusammenarbeit bereit und bot uns diese Dienstleistung an. Nach Priorität sollte in allen betreffenden Haushalten Detailchecks durchgeführt werden. Im Frühjahr 20 sind in drei Wohnungen die Messungen begonnen worden. Durch das Kontaktverbot auf Grund der Pandemie musste der Check unterbrochen werden, wird aber baldmöglichst fertiggestellt.
- Den Ergebnissen des Detailchecks entsprechend stehen dann im Anschluss verschiedene Maßnahmen an, die im Einzelnen zielgerichtet auf die Ursachenbehebung eingesetzt werden können.
Fazit:
Wir wissen jetzt, dass wenn wir uns bemühen Dinge differenziert zu betrachten und uns auch nicht scheuen ein wenig Energie für Lösungen zu investieren, dann lohnt sich das aus verschiedener Hinsicht.
Einmal kann unter Umständen, falls Nutzerverhalten die Ursache für einen hohen Energieverbrauch sein sollte, den Menschen durch eine verständliche und nachhaltige Beratung eine Unterstützung angeboten werden.
Zweitens können wir uns bei der Großzahl unserer Probanden für die Mitarbeit und das Vertrauen bedanken und ihnen entsprechend ihrer Ergebnisse mitteilen, dass sie Energie verbrauchen wie die Bundesdeutschen Durchschnittsbürger oder sogar weniger.Und letztlich wissen wir jetzt, dass nicht Flüchtlinge im allgemeinen viel Strom verbrauchen.Tatsächlich sind es einige, wenige Familien. Die Gründe hierfür werden wir mittels der Detailchecks bei diesen Familien erfahren.
Projektgruppe Energieeffizienz (mp, ho)